Der Wechselbalg von Walding


Der Wechselbalg von Walding


Bei Walding am Bärwaldsee war einem jungen Bauer die Frau gestorben und hatte ihrem Mann einen mutterlosen Säugling hinterlassen. Da sah nun niemand recht auf das Kleine, wenn auch die Nachbarinnen zuweilen Nachschau hielten. Eines Tages nahmen die Erdmännchen das Kind mit sich und legten eine alte, zahnlose Zwergin an seine Stelle.

Zunächst merkte dies niemand. Das Zwergmütterchen war noch stiller, als das kleine Mädchen gewesen war, und schlief viel; nur wenn man Ammons Segen über es schlug, wimmerte es jedesmal. Als es aber nach geraumer Zeit gar nicht an Gewicht zugenommen hatte, ging der Bauer zu einer vielbefragten Wahrsagerin nach Bärtell und zeigte ihr ein paar Kopfhaare von dem Kinde. Da sagte die Frau sofort: "Das ist ein Wechselbalg, eine Zwergin, die wächst überhaupt nicht, und das rechte Kind ist in der Zwergenhöhle." Und sie belehrte den Bauern ganz genau, was er tun müsse.

Als man am nächsten Mittag bei Tisch saß, während der Wechselbalg nahebei in der Wiege lag und wieder tat, als ob er schliefe, klagte der Bauer ganz laut, daß das Kind gar nicht wachsen wolle; ein Mittel werde er noch versuchen, nämlich es diesen Abend wieder weihen zu lassen. Dann ordnete er sogleich alles für die Weihe an, schickte das Gesinde hinaus und schloß hinter ihm zu. Er selbst holte sämtliche Töpfe herbei, stellte sie um den Herd herum und legte quer durchgeschlagene Eierschalen dazu. Dann tat er, als ob er auch hinausgehe, versteckte sich aber im Rauchfang.

Als es ganz still und finster geworden war, trippelte aufeinmal etwas durch die Stube zur Stubentür; diese ging auf, und die Kleine wollte bei der Haustür hinaus, um der angedrohten Taufe zu entgehen. Als sie aber die vielen Töpfe und Eierschalen am Herd sah, guckte sie neugierig hinein, zählte sie und rief:

"lch bin so alt
Wie der Finsterlocher Wald,
Hab, aber mein Lebtag nicht gesehn
So viel, Töpfe am Herd eines Bauern stehn."

Dann lief sie fort.

Der Bauer kroch aus dem Rauchfang heraus, holte seine Leute und auch den Priester herbei, und als diese vors Haus kamen, hörten sie von draußen in der Stube drinnen ein Kind weinen. Als sie aber eilig nachsahen, lag in der Wiege des Bauern sein kleines Mädchen, gesund und frisch und schon ordentlich gewachsen, das häßliche Zwergenkind aber war verschwunden.

Seit diesen aufregenden Tagen ließ der Vater seinem Kind alle Liebe und Sorgfalt angedeihen.