Barakan von Auenwald

Barakan von Auenwald


Ich bin nur ein einfacher Stadtschreiber in der schönen Stadt Harversfurt in Reben. Ich möchte Euch bevor sich diese Nacht dem Ende zuneigt und die letzten Holzscheite im Ofen vergangen sind die Geschichte von dem, im Lande Normont, gerühmten und geschätzten Baron Barakan von Auenwald erzählen:

Es lebt noch in diesen Tagen in unserem Lande Normont in dem Herzogtum Auenherz der Baron Barakan von Auenwald. Er war schon immer ein gar lustiger Gesell fast immer frohen Mutes, auch wenn die Härten des rauen Lebens ihm gar heftig zusetzten. Immer fand er wieder auf die Beine zurück, ob er vom Pferd gefallen war, einen Schwertstreich hinnehmen musste oder einfach von seinem Hocker an der Theke im Dorfkrug gerutscht war. Er war nicht der größte Kämpfer, auch wenn er ohne zu zögern bereit wäre für sein geliebtes Land Normont oder eine holde Maid zu sterben. Und das wäre schon einige Male fast passiert. Wenn ich hier erzähle das er nicht der größte Kämpfer war, so heißt das noch lange nicht, das er ein schlechter Kämpfer war, denn Normont hatte eine große Menge an guten Kämpfern und tapferen Rittern. Vielmehr noch als ein Kämpfer war er ein großer Denker und Stratege was den König dieses schönen Landes schon oft dazu veranlasst hatte ihn auf diplomatische Missionen in fremde Länder mit komischen Namen zu senden. Er war mit der Sprache noch gewandter als mit der Klinge. Er hatte die Begabung bei seiner freundlichen Art und seiner ruhigen Stimme nie sein Ziel aus den Augen zu verlieren. Die Leute sprachen über ihn, das er ein wahrhaft guter Kerl sei, und er eine Sprache und eine Stimme habe, die vom ersten Augenblick an leise in das Herz flösse und es mit Ruhe fülle". Nicht das dass alles nicht schon genug wäre um hier in großen Ruhmesworten über ihn zu schreiben. Nein. Neben all diesen großen Taten war er auch noch im ganzen Lande als großer Dichter und Schreiber bekannt. Er war es nämlich, der die normonter Nationalhymne schrieb: "Himmel über Normont".

Immer wenn er auf Festen des Landes erschien, so auch bei dem großen Weinfest in Reben, raunte die Menge voller Hochachtung seinen Namen, wenn er vorüberschritt. Sprach ich gerade von dem Weinfest in Reben? Ja? Ja, dort war es wo er der Frau vor Augen trat die sein Leben verändern sollte. Sie war es die ihn glücklich machen würde. Mitten in dem bunten Treiben des Weinfestes trafen sich ihrer beiden Blicke und dieser Augen-Blick sollte ihre Seelen für immer vereinen. Es schien als würden sie abtauchen in eine andere Welt. Es war als ob die vielen Menschen um sie zur Kulisse erstarten, sie aber einander ansahen und einander verstanden, ohne das auch nur ein Wort über ihre Lippen gekommen wäre. Ich glaube vielmehr das keiner von ihnen in diesem Moment überhaupt sprechen konnte. So standen sie minutenlang und sahen einander an, alles andere war außerhalb ihres Universums. Die Menschen blieben stehen, denn auch sie spürten die besondere Aura die zwischen den beiden knisterte. So kam es auch, das Gerüchte über eine bevorstehende große Hochzeit zwischen den beiden aufkamen, ohne das sie auch nur ein Wort miteinander gesprochen hatten und nur Minuten nachdem sie sich das erste Mal gesehen, oder überhaupt voneinander gewusst hatten. Dann hörte er sie sprechen, und es war als würde ihre Stimme in ihn hineinkriechen und ließ sich in ihm nieder, wie etwas das ein zu Hause gefunden hat. Er wusste, das er niemals den Klang ihrer Stimme vergessen würde.

Es dauerte nicht lange, da hatte er bei ihrem Vater um ihre Hand angehalten und sie heim auf seine Wasserburg geholt. Dort sollten dann sehr bald die großen Hochzeitsfeierlichkeiten stattfinden. Sie fühlte sich sehr schnell heimisch in den Auenlanden, wo es riesige Wälder und Seen gab. Seen die Nachts spiegelglatt die Sterne des samtenen Firmaments wiederspiegelten und Bäume die dicht und urwüchsig waren. Unter den Bäumen gab es einige Exemplare die so breit waren das es zehn normonter Männer bedurfte um sie zu umarmen.

Voller Stolz zeigte er seiner noch nicht angetrauten Frau, Rosalinde war ihr Name, der in seinen Ohren so wunderbar klang, seine Wasserburg. Die Burg bestand aus zwei großen Türmen und zwei kleineren, die kreisförmig zusammen mit dem Haupthaus, den Ställen, Lagern und der Schmiede in einer trutzigen kleinen Burg zusammen gefasst waren. Diese alten starken Mauern hatten schon viel erlebt und in ihnen atmeten unzählige erlebte Abenteuer und Geschichten. Reich gefüllt war auch der große Wohnraum in dem der Baron seine ganzen Schätze und Erinnerungsstücke sammelte, um sie bei einem Glas guten Wein seinen Gästen aus der ganzen Mittellande zu zeigen. Umgeben war das alte Gemäuer von einem großen Burggraben und einer Zugbrücke die es vor Angriffen schützte. In den Auenlanden baute man keine Wasserschlösser, sondern Wasserburgen. Die Burgen, wie auch diese mit Namen "Auenfels", mussten der rauen Umgebung trutzen können.

Nicht weit von hier hinter dem großen Wald lag das finstere sagenumwitterte Königreich Aetia. Vielerlei Geschichten rankten sich um dieses Königreich. Da Niemand wirklich etwas über dieses sagenumwobene Königreich wusste gab es um so mehr fürchterliche Märchen über einäugige Monster, Orks und finstere Burgherren. Baron Barakan von Auenwald machte sich in der Regel nicht so viel aus diesen Geschichten, aber er hielt sich bei seinen täglichen Ausritten immer auf sicheren Wegen und vermied es zu weit nach Osten in Richtung Aetia in den Wald hinein zu reiten.

Rosalinde lebte sich sehr schnell in dieser neuen Umgebung ein beteiligte sich nach Kräften an den Hochzeitsvorbereitungen. Sie schickte im Dorf nach dem Besten Wein und den Besten Köchen. Eine Ladung exzellenten Weines aus Reben war schon unterwegs um den Hochzeitsgästen einen wunderbaren Genuss zu bieten. Rosalinde entdeckte die staubigen Ecken in der Burg und ließ ihnen den Garaus machen. Es war als schiene ein neues Licht auf der Burg und den Gesichtern aller hier wohnenden. Eines schönen Morgens, es waren nur noch wenige Tage bis zur Hochzeit, da begab es sich, das Rosalinde mit ihrer Zofe ausritt um die herrlich Luft des Waldes zu genießen und einen schönen Ort für ein großes Gelage im Rahmen der Hochzeitsfeierlichkeiten auszusuchen. Der Baron selber lag noch in seinen Gemächern, da er morgens nicht einer der muntersten Landsleute war.

Als Barakan gegen Mittag sich aus seinen Gemächern erhob, ließ er nach seiner zukünftigen Frau schicken, da ihre Gesellschaft ihm immer solches Wohlbefinden verschaffte. Nirgendwo auf der Burg war sie zu finden und man sagte ihm, das sie von ihrem Ausritt noch nicht zurückgekehrt sei. Da Barakan schon anfing seine geliebte Rosalinde zu vermissen, beschloss er sie zu suchen und ließ sein bestes Pferd satteln. Er folgte den Spuren von Rosalindes Pferd und dem ihrer Zofe. Es war fast als könnte er seinem Herzen folgen, das ihm den Weg wies. Als er schon eine Weile unterwegs war befiel ihn eine seltsame Unruhe. Er fürchtete um seine große Liebe. Rosalinde hätte ohne Begleitschutz nicht so tief hinein in diesen dunklen Wald reiten dürfen. Sie kannte sich noch gar nicht aus in diesen dunklen Wäldern. Das Auenherz war ein ganz anderer Landstrich als das Herzogtum Reben in dem Rosalinde aufgewachsen war. Es wurde auch immer schwieriger, selbst für den, in der Spurensuche erfahrenen Barakan, der Fährte zu folgen. Der Wald wurde dichter und dichter und der Tag neigte sich schon dem Nachmittag zu. Die Unruhe in seinem Herzen wuchs mit der Dichte des Waldes. Die Mücken schwirrten um seine in Schweiß getauchte Stirn. Dann... hinter einer Biegung des kleinen Pfades auf dem er sich bewegte entdeckte er die beiden Pferde grasend. Erleichtert ritt er näher heran, doch was er sah ließ ihm den Atem stocken und sein großes Herz begann wild zu pochen. Ihm bot sich ein schauriges Bild: Die Habseligkeiten seiner Geliebten Rosalinde lagen verstreut über der kleinen Lichtung. Die Zofe lag wie tot auf dem Rücken und Blut floß aus ihrem Mund. Von seiner Rosalinde gab es keine Spur. Er stürzte zu der verwundeten Zofe, die bei seiner Berührung erwachte. Sie berichtete von einer Horde von wüsten Wegelagerern und Orks die sie Überfallen hätten. Sie hätten sich trotz des üblen Geruches gewehrt und um sich geschlagen, bis sie von hinten überwältigt wurden. Sie hatte versucht Rosalinde festzuhalten, doch sie war ihr entrissen worden und nur ein Stück ihres Kleides konnte sie zurückhalten. Sie streckte ihre Hand hervor und ihn ihr konnten sie jetzt beide erkennen das sich von dem abgerissenen Stück Stoff ein feiner Faden abrollte. Das Ende des Bindfadens schien in der Unendlichkeit des dunklen Waldes zu verschwinden. Mit einem Male wusste Barakan, das es dieser Faden war an dem das Leben seiner geliebten Rosalinde hing, also verlor er keine Zeit und wies die Zofe an schnell mit den Pferden zur Burg zurückzukehren und fünf seiner besten Männer mit Pferden hierher zu schicken. Sie sollten schneller reiten als der Wind! Er selber machte sich sofort daran die Fährte, die der Bindfaden ihm zu seiner Geliebten, zeigte zu verfolgen, nicht jedoch ohne seinerseits mit Hilfe einer festen Schnurr eine Fährte zu legen, die seinen Kameraden den Weg weisen würde. Er befestigte die Kordel so an seinem Sattel, das sie sich automatisch abrollte. Er ritt so schnell es ging, ohne die Fährte aus den Augen zu verlieren. In dem weichen Waldboden waren viele Pferdehufen zu sehen, die zweifelsohne von den Räubern stammen mussten. Es gab aber auch Stellen an denen der Boden hart und fest war, dort konnte er nur seinen Weg finden in dem er sich an dem roten Faden von Rosalindes Kleid orientierte. Voller Ungeduld und Sorge stürmte er dem roten Faden seines Lebens hinterher. Was würden sie ihr antun. Der Schmerz in seinem Herzen war schier unerträglich aber er würde niemals aufgeben. So ritt er Stunde um Stunde und kam in ein Gebiet des großen Waldes, das sicher schon zu dem mysteriösen Aetia gehörte, von dem man sich schauerliche Geschichten erzählte. Die Sonne neigte sich schon dem Horizont entgegen und noch immer hatte er kein Anzeichen dafür gefunden, das er seinen Verfolgern näher kam. Die drückende Schwüle dieses Nachmittags lastete auf seinem Körper wie die Sorge auf seiner Seele. Schweiß perlte von seiner Stirn und Mücken zerstachen ihn wo immer sie konnten. Auch lastete eine seltsame düstere bedrückende Stille über dieser Landschaft wie vor einem drohenden Sturm.

Als es schon anfing zu dämmern wurde es für ihn immer schwieriger seinen Weg zu finden. Doch da... plötzlich hörte er in der Dunkelheit ein rasselndes scharrendes Geräusch. Er ritt inzwischen auf einem größeren Pfad auf den er gestoßen war und der führte ihn genau in Richtung dieses Rasselns. Vorsichtig näherte er sich. Die Dunkelheit, die kurz zuvor noch sein Feind gewesen war, als er drohte von der Fährte abzukommen war nun sein Freund, denn sie half ihm sich zu verbergen. Vor ihm lag eine große freie Fläche die sich abrupt aus dem dichten grünen Urwald öffnete.

Durch die Bäume hindurch konnte er in der fast schon dunklen Nacht die Umrisse einer Burg sehen, in einer Bauart die er noch nie gesehen, geschweige den von der er jemals gehört hatte. Sie wurde von nur wenigen Fackeln erleuchtet und leise Stimmen klangen aus dem Burghof herüber. Das laute rasselnde Geräusch, das er zuvor gehört hatte rührte offensichtlich von der Zugbrücke her, die nun den einzigen Zugang zur Burg versperrte.

Hierher also war seine geliebte Rosalinde verschleppt worden. Er spürte ihr sehnen und ihre Angst und ihm standen die Tränen in den Augen. Der Hass auf diese Wesen, die einem solchen Sonnenschein diese Ungerechtigkeit antun konnten, entbrannte in ihm wie ein kaltes heißes Feuer. Rache! - Er besann sich. Er brauchte einen klaren Kopf. Er wusste das viele seiner Kämpfe aufgrund der Schärfe seines Verstandes und nicht unbedingt aufgrund der Schärfe seiner Klinge für ihn entschieden worden waren. Also versuchte er sich zu beruhigen und glitt lautlos von seinem Pferd um zu Fuß die Umgebung zu erkunden.

Die Burg war von einem breiten Wassergraben umgeben in dem eine dunkle schleimige Brühe schwamm. Ammon (Das ist der Gott der Normonter) weiß was für wabbelige Wesen in diesem Gewässer lebten. Die Befestigung selber war in Form einer Raute aufgebaut. Die Türme und Wehrmauern waren mit spitz zulaufenden Burgzinnen gespickt. Wie es schien waren fünf "Wesen" für die ständige Bewachung der Burg zuständig. Einer für jede Himmelsrichtung und ein weiterer für einen hohen Kontrollturm. Barakan konnte nicht genau erkennen was für Wesen dies Burg bewachten. Anhand ihrer Umrisse vermutete er bei einigen das sie Menschen waren und bei anderen vermutete er Orks. Die Orks waren große stämmige grünhäutige Monster mit Hörnern, die nicht unbedingt durch Schläue, aber durch Kraft und Bösartigkeit von sich reden machten. Im Kampf war er einmal auf einen getroffen. Was mussten das für Menschen sein, die sich mit Orks zusammentaten?? Die gesamte Besatzung schätzte Barakan auf bestimmt 50 Mann, aber er konnte nicht warten bis er eine solche Streitmacht zusammengestellt hatte. Das würde Tage, wenn nicht gar Wochen dauern.

Barakan wartete bis es ganz dunkel geworden war. Ihm half dabei, das sich der Himmel mit grauen Wolken dicht zugezogen hatte. Es war immer noch unerträglich heiß. Er hatte einen Plan geschmiedet bei dem er sein Leben verlieren konnte, doch was hatte er noch zu verlieren. War nicht alles was ihm am Leben so lieb geworden war dort drüben in den Händen dieser Ungeheuer?

Nur mit leichter Rüstung, denn er hatte nicht für einen Kampf geplant als er Aufbrach und außerdem musst er beweglich sein machte er sich auf den Weg. Glücklicherweise hatte er seine Armbrust, ein Seil und ein leichtes Schwert mit sich. Ohne diese Ausrüstung ritt er niemals in die Wälder, allein schon wegen der wilden Tiere. In den Auenwäldern gab es riesige Auerochsen mit denen nicht zu spaßen war.

Lautlos watete er ins Schilf wo er sich ein Schilfrohr pflückte. Er musste bis zur Burgmauer unbemerkt tauchen, dabei wollte er durch das Schilfrohr Luft holen. Er ekelte sich vor der grünen Brühe aber nichts konnte ihn zurückhalten. Wahrscheinlich war dieses die Burgseite an der sie immer die Abwässer abließen, aber es war auch der kürzeste Weg. Er nahm das Schilfrohr in den Mund und tauchte lautlos unter. Das Wasser war zäh, wenn man es überhaupt Wasser nennen konnte. Er brauchte viel Kraft um in diesem Wasser zu schwimmen und er wusste nicht wann er gegen die Festungsmauer stoßen würde, auf keinen Fall durfte er eher auftauchen und er musste lautlos sein. Plötzlich stieß er gegen die Mauer und schrie vor Schmerz auf, aber die dunkle Brühe schluckte jedes Geräusch. Er taucht auf und rang nach Luft. Er war direkt unterhalb einer der Orkwachen, die jetzt auf ihn herunterschaute. Sie war wohl von dem Licht der Fackeln, das die Burg erhellte geblendet, denn sie starrte herunter in die Dunkelheit, als vermutete sie eine Ente, einen Fisch oder... ein Pfeil aus eben dieser Dunkelheit schoss ihm entgegen. Das letzte was er in seinem Leben noch spürte war ein kurzer aufflammender Schmerz hinter seinen Augen. Der Ork hauchte sein Leben aus und sank lautlos auf die Burgzinnen, auf die er sich aufgestützt hatte. Die Wache auf dem Kontrollturm mochte denken er schaue nach den Enten oder er wäre eingeschlafen.

Barakan schnallte die Armbrust wieder auf seinen Rücken und nahm das Seil in die Hand, dessen Ende er zu einer Schlinge band. Sein erster Lassowurf verfehlte die Burgzinne um haaresbreite und das Seil schlug klatschend auf dem Wasser auf. Barakan zuckte zusammen und verweilte ohne sich auch nur durch ein Margenbrummen zu verraten. Alles blieb ruhig. Sein zweiter Wurf gelang. Nahe dem daliegenden Ork verfing sich die Schlaufe seines Seiles an der Burgzinne und er konnte es straffen. Mit nur wenigen Armzügen zog er sich an dem Seil nach oben und lugte vorsichtig über die Burgzinnen. Der Mann auf dem Wachturm schien sich gerade von ihm abzuwenden und so nutzte Barakan die Gelegenheit sich unbemerkt in den Schatten eines nahen Eingangs zu flüchten. Das Seil hatte er wieder an sich genommen und schlich nun durch den von Kerzenlicht erhellten Treppenabgang nach unten, wo er die Verliese mit seiner geliebten Rosalinde vermutete. Zweimal musste er sich verstecken um nicht von irgendwelchen "Wesen" entdeckt zu werden, bevor er in einen Gang mit einer Reihe von Verliesen kam. Nur vor einer Zelle erhellte eine Fackel den Gang. Ein plötzliches Geräusch ließ ihn aufschrecken. In seiner Hoffnung seine Rosalinde bald in die Arme schließen zu können war er unachtsam gewesen und hatte gegen etwas getreten, das mit lautem klackern vor ihm her rollte. Es war ein kalkweißer Totenschädel der sich einige Male überschlug und mit geöffnetem Kiefer liegen blieb und ihn anstarrte. Ein Laut des Erschreckens kam aus dem Kerker vor dem die Fackel brannte, doch dieser Laut ließ sein Herz vor Freude hüpfen, denn dieser Laut gehörte unmissverständlich zu seiner geliebten Rosalinde!! Barakan vergaß alle Vorsicht und rannte vorwärts: "Rosalinde!", "Barakan!", ihre Überraschung und Freude war sehr groß. Barakan öffnet den Riegel und schloss seine große Liebe in die Arme. Spürte ihren Duft, ihre Haare und den Weichen Körper. So sehr hatte er sie vermisste und sich um sie gesorgt. Jetzt fiel alles von ihm ab und es war ihm trotz der großen Gefahr noch nach Scherzen zu mute: "Oh, hätte ich gewusst, das ich dich hier treffe hätte ich mir etwas anderes angezogen", und er deutete auf sein Gewand, das mit dem grünen Sumpfwasser des Burggrabens durchtränkt war und abscheulich stank! Rosalinde musste Lachen und küsste ihren Schatz. Doch im selben Augenblick waren sie sich wieder der Gefahr bewusst. "Wie kommen wir von hier weg", flüsterte Rosalinde und ihr Gesicht war von Angst gezeichnet. "Keine Angst. Komm!", er nahm sie an die Hand und zog sie mit sich. Sein Plan war es sich wieder an der unbewachten Burgseite abzuseilen und durch den Graben zu schwimmen. Mit etwas Glück konnten sie unbemerkt verschwinden und sich einen schönen Abend machen. Zwar sagte ihm der Gedanke nicht zu Rosalinde durch solch eine Brühe schwimmen zu lassen, aber dies waren keine einfachen Zeiten. Doch als sie gerade zu ebener Erde angelangt waren wurden seine Pläne durchkreuzt. Ein lautes Grunzen und Geschrei von eben der Stelle, wo er seinen Besuch gestartet hatte machte im klar, das man die tote Wache gefunden hatte und das dieser Weg nach draußen auf jeden Fall versperrt war. Einer plötzlichen Eingebung folgend rannte er los und zog Rosalinde hinter sich her. In der allgemeinen Unruhe, die plötzlich über die ganze Burg hereinbrach huschten sie geschützt durch einen Schatten unbemerkt zu den Ställen. Die Ställe waren tatsächlich dort wo Barakan sie vermutet hatte. Er schwang sich auf einen Gaul und zog Rosalinde zu sich herauf, die sich an ihn schmiegte. Dem Pferd gab er die Sporen und es preschte los in Richtung Zugbrücke. Der Wache, die sich gerade dort postiert hatte schlug er mit einem mächtigen Schwertstreich den Dreizack aus der Hand und sie flüchtete und schrie nach Verstärkung. Dann zerschlug er mit wenigen hieben das Seil, welches die Zugbrücke zurückhielt in Stücke, woraufhin die Brücke mit einem lauten Donnern herunterfiel und den Weg in die Freiheit öffnete. Sie galoppierten mit atemberaubender Geschwindigkeit über die Brücke und genau hier passierte er, dieser Augenblick, den sie nie vergessen würden. Die Wolken brachen auf und gaben einen glänzenden Vollmond frei. Das Mondlicht glitzerte über das Wasser als könnte man wie auf einer Straße zum Mond hinaufschwimmen. Sie schauten sich an und in Rosalindes Augen spiegelte sich der Mond. Es schien als könnte keine Gefahr der Welt ihnen etwas anhaben, als bliebe die Zeit stehen. Momente für die Ewigkeit. Im Galopp ging es in den schützenden dunklen Wald hinein. Wie sie jetzt feststellten war ihr Pferd von einem Pfeil verwundet, aber Barakans Pferd, dieser treue Gefährte, war schon zur Stelle. Sie stiegen um und Barakan band mit schnellen sorgfältigen Bewegungen an dieser dunklen Stelle ein Stolperseil über den Weg. Dann schwang er sich zu seiner Rosalinde auf´s Pferd und wie der Blitz ging es nach Hause. Das Pferd war nicht umsonst Barakans bestes im Stall. Es war kräftig und ausgeruht und galoppierte mit großer Geschwindigkeit der Heimat entgegen. Die Geräusche der Verfolger wurden plötzlich von großem Lärm und Schmerzgeschrei unterbrochen, als sich Reiter und Pferde überschlugen, zu Fall gebracht durch das Stolperseil. Der Krach verklang in der frische der Nacht. Die Wolken verschwanden nun ganz und gaben einen sternenübersäten Nachthimmel frei. Stunden später trafen sie auf die Verstärkung nach der Barakan geschickt hatte und sie begleitete das junge Paar in die heimische Burg. Es war schon früher Morgen als sie die sichere Heimat erreichten, die Sonne schickte ihr Morgenrot über das Land. Barakan trug seine Geliebte in ihre Gemächer.

In dem Kamin brannte ein warmes Feuer und die Goldstickereien des Himmelbettes glänzten wie Diamanten während draußen der neue Tag erwachte.


CHATWICK

Stadtschreiber von Harversfurt in Reben, KGR. NORMONT